Herr Melzer hat ganze Arbeit geleistet: Er hat Stellen aus Hesses Roman „Siddhartha“ herausgeschrieben, in denen Bäume vorkommen -und zwar um die Frage zu klären, ob die Bäume in diesem Roman symbolische Bedeutung haben.
Und – haben die Bäume symbolische Bedeutung?
Und wenn ja – wofür stehen sie?
Hier einmal die Stellen:
Seite 1 / Zeile 2
„Im Schatten des Hauses, in der Sonne des Flußufers bei den Booten, im Schatten des Salwaldes, im Schatten des Feigenbaumes wuchs Siddhartha auf, […].“
Seite 11 / Zeile 5
„Govinda, Lieber, komm mit mir unter den Banyanenbaum, wir wollen die Versenkung pflegen.“ Sie gingen zum Banyanenbaum, sie setzten sich nieder, hier Siddhartha, zwanzig Schritte weiter Govinda.
Seite 16 / Zeile 6
„Schweigend kauerte er im Dorngerank, aus der brennenden Haut tropfte das Blut. […].“
Seite 27 / Zeile 31
„Sie sahen Gotama wiederkehren, sahen ihn im Kreise seiner Jünger die Mahlzeit einnehmen – was er aß, hätte keinen Vogel satt gemacht – und sahen ihn sich zurückziehen in den Schatten der Mangobäume.“
Seite 41 / Zeile 2
„ Er sah die Sonne überm Waldgebirge aufgehen und überm fernen Palmenstrande untergehen.
Seite 43 / Zeile 5
Warum war Gotama einst, in der Stunde der Stunden, unter dem Bo-Baume niedergesessen, wo die Erleuchtung ihn traf?
Seite 44 / Zeile 34 – Seite 45 / Zeile 1
Dabei setzte sie ihren linken Fuß auf seinen rechten und machte eine Bewegung, wie die Frau sie macht, wenn sie den Mann zu jener Art Liebesgenusses auffordert, welchen die Lehrbücher „das Baumbesteigen“ nennen.
Seite 64 / Zeile 6
Langsam, wie Feuchtigkeit in den absterbenden Baumstrunk dringt, ihn langsam füllt und faulen macht, war Welt und Trägheit in Siddharthas Seele gedrungen, […]
Seite 69 / Zeile 11
Finster begab sich Siddhartha in einen Lustgarten, der ihm gehörte, verschloß die Pforte, setzte sich unter einem Mangobaum nieder, fühlte den Tod im Herzen, und das Grauen in der Brust, saß und spürte, wie es in ihm starb, in ihm welkte, in ihm zu Ende ging.
Seite 70 / Zeile 20
Jenen ganzen Tag saß er unter dem Mangobaume, seines Vaters gedenkend, Govindas gedenkend, Gotamas gedenkend.
Seite 70 / Zeile 26
Er lächelte ein wenig- war es denn notwendig, war es richtig, war es nicht ein törichtes Spiel, daß er einen Mangobaum, daß er einen Garten besaß?
Auch damit schloß er ab, auch das starb in ihm, er erhob sich, nahm Abschied vom Mangobaum, Abschied vom Lustgarten.
Seite 73 / Zeile 3
Über das Flußufer hing ein Baum gebeugt, ein Kokosbaum, an dessen Stamm lehnte sich Siddhartha mit der Schulter, […]
Seite 74 / Zeile 10
Doch war dies nur ein Augenblick, ein Blitz, am Fuß des Kokosbaumes sank Siddhartha nieder, von der Ermüdung hingestreckt, Om murmelnd, legte sein Haupt auf die Wurzel des Baumes und sank in tiefen Schlaf.
Seite 74 / Zeile 27
[…] daß er sein früheres Leben verlassen habe, daß er voll Ekel und Elend sogar sein Leben habe wegwerfen wollen, daß er aber an einem Flusse, unter einem Kokosbaume, zu sich gekommen sei, das heilige Wort Om auf den Lippen, […]
Kleine Schlussbemerkungen am Rande:
Die Seitenzahlen beziehen sich natürlich auf die Ausgabe, die Herr Melzer benutzt.
Und: Er zitiert aus einer Ausgabe, in der noch die „alte“ Rechtschreibung benutzt wird. Das spielt für die Frage der Symbolik aber natürlich überhaupt keine Rolle.